Landeskunde via E-Mail und Internet – über die Verbindung von Lehren, Coachen und Lernen auf Distanz

 

Monika Dannerer, Salzburg, und Lucrecia Keim, Vic

 

Im vorliegenden Artikel werden drei internetbasierte Austauschprojekte präsentiert und analysiert, deren Zielsetzungen in der Erhöhung der interkulturellen Kompetenz und der Entwicklung didaktisch-methodischer Fähigkeiten liegen.

Im Rahmen der Projekte arbeiteten zwischen 2001 und 2004 Übersetzungs- und Dolmetschstudierende der Universität Vic (Spanien) und Studierende des Wahlfachs DaF an der Universität Salzburg (Österreich) via E-Mail und Lernplattform zusammen. Die Aufgabenstellungen reichten vom persönlichen Austausch bis zur Tutorierung bei der Textlektüre bzw. zur Erstellung und Bearbeitung innerhalb des Projektes selbst entwickelter Unterrichtsmaterialien.

Ziel des Beitrages ist neben der Skizzierung der Projektverläufe und der Auswertung der Ergebnisse die Darstellung von organisatorischen, motivationalen, technischen und inhaltlichen Möglichkeiten und Problemen. Die Schlussfolgerungen sind ein wichtiger Ausgangspunkt für zukünftige Projekte dieser Art.

 

0. Einführung

Das Interesse der Hochschulstudierenden an der Kontaktaufnahme mit StudentInnen in anderen Ländern wächst unaufhaltsam, nicht zuletzt dank des einfachen Zugangs zum Internet. Ausgehend von dieser Tatsache und von einem Konzept des handlungsorientierten Unterrichts, in dem „reale“ Kommunikationssituationen für Lernende wie für (angehende) Lehrende zu schaffen sind, haben wir uns im Jahr 2001 entschlossen, DaF-Didaktikstudierende der Universität Salzburg (Österreich)[1] und Übersetzung- und Dolmetschstudierende der Universität Vic (Spanien) mit der zweiten Fremdsprache Deutsch zusammenarbeiten zu lassen. Bislang haben wir dies mit drei verschiedenen Gruppen erprobt, wobei wir Konzeption und Ablauf aufgrund der jeweiligen Erfahrungen immer wieder modifiziert haben.[2] Unser globales Ziel jedoch ist konstant geblieben:

Die Kooperation zwischen Übersetzungsstudierenden der Universität Vic, deren Sprachniveau ungefähr A2 entspricht, und österreichischen DaF-Didaktikstudierenden soll dazu führen, dass die Studierenden aus Vic eine Möglichkeit haben, gemeinsam mit MuttersprachlerInnen – bzw. in Interaktion mit ihnen – ihre interkulturelle Kompetenz beim Lesen und der Deutung von  Texten zu entwickeln, und dass die österreichischen Studierenden ihre didaktisch-methodischen Fähigkeiten erproben.

Im Einzelnen sind wir von folgenden Überlegungen ausgegangen:

o       Der Austausch zwischen MuttersprachlerInnen und NichtmuttersprachlerInnen per E-Mail ermöglicht den Gebrauch der Fremdsprache in realen Kommunikations­situationen.

o       Die Arbeit mit kulturtragenden Texten und Bildern und deren Interpretationen durch NichtmuttersprachlerInnen und MuttersprachlerInnen fördert die Verviel­fältigung von Perspektiven, die dem interkulturellen Lernen zugute kommt.

o       Die Auswahl der zu bearbeitenden Themen durch die Deutschlernenden erhöht die Motivation und kann die Bereitschaft zur Verantwortlichkeit für den eigenen Lernprozess stärken.

o       Die Auswahl und Didaktisierung von Texten und Bildern für eine konkrete Zielgruppe fördert die Motivation der DaF-Didaktikstudierenden und erleichtert die Beurteilung der Angemessenheit der vorgelegten Materialien.

 

1. Vorüberlegungen

1.1. Digitale Medien

Die Arbeit mit den sogenannten „neuen“ bzw. „digitalen Medien“ (die letztere Bezeichnung ist nach Biechele 2005 heutzutage eine zutreffendere Bezeichnung) hat sich im Fremdsprachenunterricht seit der Einführung der ersten CALL-Programme in den 70er Jahren signifikant verändert (vgl. Hampel et al. 2005). Vom hauptsächlichen Gebrauch des Computers für Drillübungen für Grammatik und Wortschatz ist man u.a. zum Einsatz des Computers als Werkzeug zur Unterstützung des handlungsorientierten und kooperativ angelegten Fremdsprachenunterrichts übergegangen. Durch das Internet ist der Computer im FSU – wie auch im Alltag der Lernenden – zunehmend ein „offenes Fenster zur Welt“ und somit zur Kultur des jeweiligen Landes. Die erweiterten Einsatzmöglichkeiten der digitalen Medien sind damit auch zu einem Muss in der Ausbildung zukünftiger DeutschlehrerInnen und in der Unterrichtsplanung bereits praktizierender LehrerInnen geworden, was wiederum zu einer stärkeren Reflexion über den pädagogischen und didaktischen Umgang mit dem Werkzeug geführt hat.

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Projekte sowie bei deren anschließender Bewertung haben wir uns mit verschiedenen Aspekten des Umgangs mit den digitalen Medien auseinandergesetzt. Sowohl die Erfahrungen aus den Projekten als auch die rasche Entwicklung der Medien haben zu einer Weiterentwicklung unserer Konzepte geführt. Als besonders wichtig haben sich in unseren Augen die folgenden Überlegungen herausgestellt:

A. Mediencharakteristika und -nutzung

o       Die computervermittelte Kommunikation (Computer Mediated Communication) richtet sich bzgl. der Grice’schen Maxime der Quantität nach etwas anderen Regeln als die face-to-face Kommunikation: Vieles muss deutlicher und redundanter gesagt werden. Das betrifft sowohl die Aufgabenstellung als auch die Selbstdarstellung der Interagierenden. Der i.d.R. herrschende Mangel an visuellem Kontakt und das damit verbundene Fehlen der nonverbalen Kommunikation kann nur teilweise durch den Gebrauch von „emoticons“ ersetzt werden. Insbesondere bei asynchroner Kommunikation spielt zudem der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle (z.B. was die gemeinsame Konstituierung von Kommunikation angeht). All das Gesagte hat Einfluss sowohl auf die Formulierung der Aufgaben wie auf den Verlauf der Interaktion Lernende-Lernende und Lernende-Lehrende (vgl. Biechele 2005 und Hampel et al. 2005). Wie unten ausgeführt wird, haben wir dies in zunehmendem Maße bei unseren Projekten berücksichtigt.

o       Der Computer kann als Werkzeug bzw. Medium kulturell markiert sein. Thorne (2003) weist darauf hin, dass aufgrund der unterschiedlich schnell sich entwickelnden Technikeinsatzmöglichkeiten bestimmte Anwendungen von CMC z.B. in der einen Kultur früher oder auch stärker ausgeprägt sind und positiver bewertet werden als in der anderen. Dies kann z.B. dazu führen, dass synchrone Kommunikation mittels Chat gegenüber einer asynchronen Kommunikation mittels E-Mail bevorzugt wird.

o       Auch wenn viele LernerInnen Lust auf die Arbeit mit dem Internet im FSU haben, sollte man in der Gruppe nicht nur die Medienkompetenz der TeilnehmerInnen erheben, sondern auch ihre persönlichen Präferenzen, die überdies mit dem jeweiligen Lernertyp in Verbindung stehen können – visuelle Lernertypen werden sicherlich anders angeregt werden können als „auditive“ oder kinästhetische (vgl. Mallol i.D., Hess 2006). Es ist daher sinnvoll, die teilnehmenden Lernenden nach ihren Vorerfahrungen und Präferenzen zu befragen und möglichst variationsreiche Aufgabentypen einzuplanen. In unseren Projekten wurden die Teilnehmer mündlich und in einer generellen Form nach ihrer Bereitschaft am jeweiligen Projekt teilzunehmen befragt.

o       Wenn der Einsatz des Computers eine entscheidende Rolle im  Unterricht spielen soll, dann ist die Einrichtung einer Lernplattform von Vorteil. Sie ermöglicht die Vernetzung von Zielen, Aufgaben, Materialien und Kommunikationsmitteln, so dass die Lernenden jederzeit einen selbständigen Zugriff darauf haben und somit ihr Lernen besser organisieren können (vgl. Hampel et al 2005). Der Umgang mit der Lernplattform kann am besten mit Aufgaben trainiert werden, die einen Teil des Unterrichtsprogramms darstellen (s.u.).

B. Didaktische Überlegungen

o       Der Computer ist ein Werkzeug im Dienste pädagogischer Ziele. Verfolgt man das Konzept eines handlungsorientierten Unterrichts, dann sollte dies – trotz des Computers und mit seiner Unterstützung – möglich sein (vgl. Müller-Hartmann 2000, Cánovas/González-Davies/Keim i.Dr., Biechele 2005). Dabei stellt das Medium allerdings die Lehrenden vor wichtige neue Fragen bzgl. der Aufgabenstellung, der Gruppendynamik und der Präsentation des Arbeitsmaterials sowie des Outputs.

o       Computergestützte oder computerzentrierte Aufgaben sollten möglichst signifikant für das Lernen sein, um motivierend zu wirken. Zu dieser Signifikanz trägt die Einhaltung all der Merkmale bei, die auch sonst eine gute Aufgabenstellung auszeichnen (vgl. Kotz 2005, Hess 2006). Besonders ist dabei auf Deutlichkeit und ausreichende Redundanz der Anweisungen zu achten.[3]

o       In jedem Fall scheint es gewinnbringend, wenn die Interaktion und die Aufgabenlösungen bzw. die Produktion der Lernenden fixiert werden, um sie später im Unterrichtsraum ohne Computer nutzen zu können (vgl. Müller-Hartmann 2000, Tortadés i.D.). Dies ist besonders bei Kleingruppenarbeit bzw. bei bi- oder international angelegten Projekten empfehlenswert und hat in unserem Falle die Grundlage zu interessanten Gesprächen in den jeweiligen Gruppen dargeboten.

1.2 Interkulturelle Sensibilisierung

Eine besonders interessante Nutzung von Computer und speziell Internet ergibt sich wie oben gesagt aus der Möglichkeit, die Grenzen des Unterrichtsraums zu überwinden und in Kontakt mit Menschen aus der jeweils anderen Kultur zu treten. Es bietet sich also an, Internetaufgaben zur „interkulturellen Sensibilisierung“ (s.u.) zu benutzen. Dabei kann man unterschiedliche Schwerpunkte festlegen. In unseren Austauschprojekten[4] sollten die Studenten (vornehmlich die DaF-Lernenden) in erster Linie über in digitaler Form aufbereitete Bilder und Texte Einblick in ausgewählte Bereiche der Kultur erhalten. Die Möglichkeiten der Vertiefung der interkulturellen Sensibilisierung bei solchen Projekten sind u.a. entscheidend durch Länge des Austauschs und Sprachkenntnisse der Teilnehmenden beeinflusst. Wir gehen davon aus, dass bei kurzen Projekten (in unserem Fall waren es jeweils 2 Monate) nur ein gewisses Maß an Sensibilisierung erreicht werden kann, so dass folgende Prozesse stattfinden:

o       Auseinandersetzung mit der Kulturgebundenheit von Sprache;

o       Sensibilisierung für die Kulturgebundenheit der eigenen Sprache und für die eigenen kulturellen Schemata und Werte;

o       Auseinandersetzung mit den bestehenden Vorstellungen, Stereotypen etc. über die fremde Sprache und Kultur und Relativierung gängiger Urteile;

o       Hinführung zu einem gründlichen Lesen besonders kulturmarkierter Texte;

o       Erfahrung und Erleben des kulturellen Hintergrundes von Texten über den Weg von Bildern;

o       Erkennen kulturgebundener Zugangswege und Barrieren zu Themen und Texten.

Auf jeden Fall kann ein “persönlicher” Kontakt zwischen Mitgliedern verschiedener Kulturen das Lernen und Lehren[5] signifikanter machen und dazu beitragen, dass interkulturelle (Teil-)Kompetenzen wie z.B. Ambiguitätstoleranz, interkulturelle Lernbereitschaft, Kulturwissen, die Unterscheidung von Oberflächen-/ und Tiefenstrukturen sowie Rollendistanz erworben werden (Bolten 2001: 85-86). Damit Lernprozesse in diesem Bereich ausgelöst werden, gehen wir davon aus, dass ein Lernkontext geschaffen werden muss, in dem Raum für die Arbeit an Wissen, Fertigkeiten, Haltung (attitude) und kritischer Reflexionsfähigkeit geschaffen wird. Dies würde dem Ansatz von Byram (1997) entsprechen, der diese vier Bereiche in der Arbeit im Klassenraum miteinander verflochten sieht. Er betont die Vorteile der Unterrichtssituation im Gegensatz zum interkulturellen Lernen in authentischen Kontaktsituationen, besonders wenn es sich um die systematische Arbeit an Wissen und Fertigkeiten handelt, die Zeit für eine detaillierte Analyse benötigen. Dies ist z.B. der Fall beim Leseverstehen. Allerdings „what the classroom cannot usually offer is the opportunity to develop the skills of interaction in real time“ (Byram 1997: 68). Aus diesem Grund fanden wir die Möglichkeit digitale Medien einzusetzen interessant. Wichtige Anregungen dafür unter Berücksichtigung unserer globalen Ziele boten v.a. Tamme/Rösler (1999) und Fischhaber (2002). Im Projekt von Tamme/Rösler wurden Lerner aus Hong-Kong durch DaF-Didaktikstudierende der Universität Gießen v.a. bei schriftlicher Produktion per Mail tutoriert (vgl. auch Hess 2006: 318). Der interkulturelle Kontakt und die Chance einer realen Praxisumgebung für die Didaktikstudierenden schienen uns neben den Erfahrungen mit digitalen Medien besonders anregend. In unserem eigenen Projekt haben wir als wesentliches neues Element hinzugefügt, dass die DaF-Didaktikstudierenden selbst Materialien zur österreichischen Alltagskultur für die DaF-Lernenden entwickeln sollten. Dabei sind wir von der Hypothese ausgegangen, dass für die DaF-Lernenden in Vic die Arbeit an authentischen Materialien, die direkt aus dem Zielsprachenland und im Einklang mit den für sie relevanten kulturellen Inhalten auf eine Lernplattform platziert wurden, einen hohen Motivationsfaktor darstellen würde.

Fischhabers (2002) Erfahrung mit der digitalen Ethnografie hat uns dazu veranlasst, Bildern – besonders in der Projektversion von 2004 – eine wichtige Rolle zukommen zu lassen. Ein zentraler Gedanke bei Fischhabers Verständnis der “digitalen Ethnographie” ist, dass der Fremdsprachenlerner zum Kulturforscher wird (Fischhaber 2002: 5). Damit ist gemeint, dass er bei der Themenfestlegung und bei der Entwicklung des Unterrichts mitwirkt und ausgehend von graphischem Material die dahinter steckende Realität “erforscht”. Fischhaber benutzt den Ansatz im Rahmen von international angelegten interkulturellen Projekten. Interessant ist dabei zu sehen, wie die Lernenden die Bilder aus ihren jeweiligen kulturellen Perspektiven interpretieren.

 

2. Die Lernkontexte

Wie aus unseren bisherigen Ausführungen zu erkennen ist, gehen wir von einem handlungsorientierten und autonomiefördernden Ansatz aus, der den Lerner und seine Lernbedürfnisse in den Vordergrund stellt. Kurz dargestellt sind wichtige Prinzipien eines solchen Unterrichts laut Fischhaber et al. (2002) die Signifikanz der Aktivitäten und Projekte für die reale Lebenswelt der Lernenden, die Berücksichtigung der Perspektivenvielfalt sowie auch die Form der Präsentation und der Weitergabe des erworbenen Wissens. Aus einer soziokonstruktivistischen und ökologischen lerntheoretischen Perspektive ist entscheidend, dass Lernumgebungen geschaffen werden, in denen Kommunikation und Interaktion Wege zum Erwerben von neuem Wissen darstellen (vgl. van Lier 2004: 133):

(…) meaning is created, enacted, and shaped in conversation. Language learning, if it is to be at all meaningful, and if it is to be tied to the self and the formation of identities, must therefore be embedded in conversation. Worksheets, grammar books, drills and tests can never be more than distancing devices, unless they are integrally connected to acts of speaking, presentations of self, and projections of identity. This does not mean that they are useless. On the contrary, if pressed into the service of meaningful language-using projects, they can be powerful instigators of deep learning. (van Lier 2004: 145)

 

Diese Prinzipien leiteten unsere Arbeit, wobei selbstverständlich für den Deutschunterricht andere Prozeduren in der konkreten Umsetzung in die Praxis vonnöten waren als für das DaF-Didaktik-Proseminar. In beiden Fällen jedoch war es uns wichtig, Freiräume für die Studierenden zu schaffen, die ihre Kreativität und Perspektivenvielfalt bei der Arbeit an den Inhalten des Faches respektieren. Zur anhaltenden Motivation der Studierenden sollte beitragen, dass die Austauschphase mit der jeweils anderen Gruppe als integraler Bestandteil des Programms konzipiert wurde.

Überdies wollten wir, dass die Studierenden im Rahmen der Gruppenarbeit und im Sinne des “problem solving”-Ansatzes mittels der Interaktion, die bei der Lösung des “Konfliktes” generiert wird, in ihrem Lernprozess vorankommen. Sowohl die Interaktion als auch die Bearbeitung der Aufgaben sollten überdies dazu beitragen, dass sie sich im Sinne von Byram (1998) der Kulturgebundenheit von Sprache bewusst werden.

Zur Zeit der Projektdurchführung waren die Deutschkenntnisse der Lernenden auf A2 einzustufen. Das hat bedingt, dass das erstrangige Ziel der E-Mail-Kommunikation die Reduzierung der Distanz zwischen den Partnern war und nicht so sehr die Nutzung der Interaktion an sich für die interkulturelle Sensibilisierung. Trotzdem erwarteten wir, dass über den Austausch persönlicher Erfahrungen auch kulturell geprägte Informationen weitergegeben werden, die u.U. im Unterricht weiter verarbeitet werden könnten.

Für die DaF-Didaktikstudierenden war die Teilnahme am Projekt jeweils freiwillig und ebenfalls eine große Herausforderung, zumal sie alle erstmals Material für eine konkrete Zielgruppe erstellten und didaktisierten und großteils auch erstmals als TutorInnen mit nichtmuttersprachlichen Studierenden in Kontakt traten. Auch Erfahrungen im Umgang mit den digitalen Medien in Lehr-Lern-Kontexten konnten nicht vorausgesetzt werden. Zentrales Lernziel war für sie die Didaktisierung von Lernmaterial und Begleitung der Studierenden aus Vic durch die Bearbeitung „ihres“ Materials. Erst in unserem dritten Projekt stellten wir auch bei ihnen die interkulturellen Erfahrungen deutlicher in den Fokus der Reflexion (vgl. Kapitel 3.2).

All diese Kontextbedingungen hatten Auswirkungen auf den Verlauf der Projekte.

 

3. Design und Verlauf

3.1 Projekt 2002: Arbeit an von Didaktikstudierenden erstellten Landeskundematerialien

3.1.1 Ablauf

Nach einem ersten kleinen Projekt im Jahr 2001, das uns u.a. die Wichtigkeit der genauen Rollendefinition der teilnehmenden Studierenden sowie der deutlichen Aufgabenstellung erfahren ließ, fand ein zweites Projekt im Sommersemester 2002 statt. Ein Landeskundeseminar schien uns ein geeigneter Kontext in Vic zu sein. Das Sprachniveau der Studierenden lag zwischen A2 und B1. Die Materialien wurden auf der Lernplattform BSCW gestellt und wir wählten die damals recht häufig benutzten „yahoo-groups“ als gemeinsamen Kommunikationsraum. Dies sollte ermöglichen, dass die mit dem Projekt zusammenhängende Interaktion über E-Mail für alle über die ganze Zeit hinweg einsehbar war. Wie man aus dem Verlaufsschema ersehen kann, war das Projekt in 6 Phasen strukturiert:

0

Konzeption / Vorbereitungsphase

1

Vorlaufphase an den jeweiligen Standorten getrennt

2

Gemeinsam: Sich vorstellen – einander kennen lernen – private und allgemeine landeskundliche Themen besprechen – Tutorenzuteilung (E-Mail-Kommunikation)

3

In Salzburg: Auswahl bzw. Erstellung von Texten/ Aufgabenstellungen zum gewählten Thema und deren Publikation auf der Plattform –
Mail mit Tutorisierungsangebot bei der Durchführung der Aufgaben

4

In Vic bzw. gemeinsam: Bearbeitung der Aufgabenstellungen

5

Besprechung der Rückmeldungen, Präsentation der Ergebnisse in den jeweiligen Lehrveranstaltungen

6

Reflexion über das Projekt in den jeweiligen Ländergruppen

Tabelle 1: Projektablauf 2002

Nicht nur der vorgesehene Ablauf sondern auch die Funktionen der jeweiligen TeilnehmerInnen wurden diesmal explizit festgelegt und erklärt. Die zweiwöchige Vorlaufphase (1) diente dazu, das Konzept kennen zu lernen, sich mit der BSCW-Lernplattform und den Yahoo-Groups vertraut zu machen und Arbeitsgruppen zu bilden. Zudem wurden die Studierenden in Vic in dieser Zeit nach ihren inhaltlichen Interessen befragt. Da man in der Landeskundeveranstaltung bis zu dem Zeitpunkt vornehmlich Themen aus den Bereichen Geographie, Geschichte und Institutionen aus Deutschland behandelt hatte, zeigten sich die Arbeitsgruppen in Vic an „Alltagskultur“ bzw. „Bräuchen“ in Österreich interessiert. Sie wollten „mehr über das Alltagsleben wissen“. Konkretere Themen wurden nicht angegeben. Diese Information wurde an die Dozentin in Österreich weitergegeben, so dass die Didaktikstudierenden bis zum Ende der Phase konkretere Themen aus dem Bereich der österreichischen Alltagskultur für die Didaktisierung festlegen mussten. Als Themen wurden schließlich „Weihnachten, Silvester, Dreikönigstag und Fasching“ („Bräuche in Österreich“) sowie ‚Mozarts Vermarktung’, ‚Kaffee und Kaffeehauskultur’ und ‚Österreichische Bierjause’ („Alltagskultur in Salzburg“) gewählt.

Die Phase der Kontaktaufnahme (2) per Mail über die Yahoo-Groups dauerte ebenfalls zwei Wochen. Wir erwarteten, dass dabei persönliche wie auch allgemein landeskundliche Themen aufgegriffen würden. Die „Paare“ wurden ausgehend von den zuvor angegebenen inhaltlichen kulturellen Interessen unter Leitung der Dozentinnen zusammengestellt.

In den folgenden beiden Wochen stand die Arbeit am Material im Vordergrund (3). Von den Didaktikstudierenden wurden die Texte und Aufgabenstellungen fertig vorbereitet, wobei das Einschätzen des sprachlichen Niveaus und des Zeitbedarfs für die Bearbeitung der erstellten Aktivitäten wie zu erwarten besondere Probleme bereiteten. Die Materialien wurden auf der Plattform BSCW publiziert und von den Studierenden in Vic in ihren jeweiligen Arbeitsgruppen bearbeitet. Bei Unklarheiten sollten sie sich an die AutorInnen des Materials wenden, mit denen sie bereits per Mail korrespondiert und die ihre diesbezüglichen Hilfestellungen angeboten hatten (4). Die Rückmeldungen bzw. die gelösten Aufgaben wurden wiederum auf der Plattform – d.h. für alle sichtbar publiziert.

In den folgenden Tagen wurde die Interaktion beendet und die relevanten Aspekte der Ergebnisse in der jeweiligen Lehrveranstaltung präsentiert und diskutiert (5). Das umfasste sowohl die neu gewonnenen landeskundlichen Informationen als auch – v.a. in Salzburg – die Präsentation des erstellten Materials und der Art und Weise, wie die Aufgabenstellungen gelöst worden waren.

Die Reflexion über die Erfahrung im Projekt (6) erfolgte in Vic mittels eines Reflexionsbogens und eines Gesprächs im Unterricht (in der Muttersprache) und in Salzburg im Rahmen der schriftlichen Abschlussarbeiten.

3.1.2 Bewertung

Das Projekt wurde anschließend anhand des Tagebuchs der Dozentin in Vic, des Mailaustausches zwischen den beiden Lehrenden, der Mails der Studierenden, der erstellten Produkte durch die österreichischen und katalanischen Studierenden, der Aufnahmen von zwei Gruppenarbeitssitzungen der katalanischen Studierenden und der Bewertung des Projektes durch die Studierenden von den Dozentinnen analysiert. Das Ziel der Analyse war in erster Linie, eine Bewertung des Projektes aus didaktischer Sicht durchzuführen. Dabei fokussierten wir auf die folgenden Punkte:

A. Rolle der Lehrenden

Als zentral erwies sich die Frage, wie man der Komplexität der Unterrichtsbedingungen auf Distanz gerecht werden kann. Uns Präsenzlehrenden kam hier eine entscheidende Rolle zu: Wir sollten als Bindeglied zwischen den InteraktionspartnerInnen fungieren und die Kommunikation zwischen den DaF-Lernenden und den DaF-Didaktikstudierenden (den TutorInnen) erleichtern oder “pushen”. Die im Anhang beigefügte Darstellung eines Interaktionsverlaufs, der sich ausgehend von einer Aufgabe zum Thema „Kaffee“ ergeben hat, soll dies beispielhaft illustrieren.

B. Nutzung des E-Mails als Interaktionskanal

Der Mailkontakt wurde auf beiden Seiten wenig genutzt. Dies kann auf mehrere Gründe zurückgeführt werden: Sieben von neun befragten Studierenden in Vic gaben „Zeitmangel“ an. Einerseits war die Gesamtzeit für den Mailkontakt kurz bemessen, andererseits hatte das relativ niedrige Sprachniveau zur Folge, dass das Verfassen einer Mail zeitintensiv war. Möglicherweise war überdies auch die Tatsache, dass die Lehrenden Einblick in die E-Mails hatten, als Hemmnis zu bewerten (vgl. Hess 2006, 317). Schließlich erwies sich der Einsatz zweier verschiedener Kommunikationsräume (BSCW und Yahoo-Groups) als schwerfällige Doppelung.

Es ergab sich auch dann keine oder wenig Interaktion mit den Muttersprachlern, wenn sie zur Klärung von möglichen Problemen mit der Aufgabenstellung beigetragen hätte. Unklare oder auch zu anspruchsvolle Aufgabenstellungen im didaktisierten Material führten dazu, dass die Studierenden in Vic ihre eigene Dozentin um Hilfe baten oder die Aufgabe einfach ausließen. Danach befragt gaben die Studierenden in Vic als Grund erneut Zeitknappheit an. Es läge aber auch die Erklärung nahe, dass hinter dem Material auf der Plattform keine Menschen gesehen werden, die eine Frage beantworten bzw. eine Aufgabenstellung nuancieren oder sogar ändern könnten.

C. Interkulturelle Sensibilisierung

Ein Teil der Aufgabenstellungen und des bereitgestellten Materials führte in den Kleingruppen in Vic zu interessanten Gesprächen und damit zu interkulturellen Lernprozessen (vgl. auch Anhang). Dabei ergaben sich die Themen „Kaffee und Kaffeehauskultur“ und „Bierjause“ als diejenigen, die besonders gesprächsmotivierend wirkten. Die Texte waren von Bildern begleitet, die Aufgabenstellungen forderten in beiden Fällen zu gezielten und präzisen Internetsuchen auf, beide berücksichtigten den kontrastiven Vergleich und beide bezogen sich auf Konkreta und eine Thematik, mit der die Deutschlernenden auf dem Niveau vertraut sind. D.h. sowohl Medium, Inhalte und Methode unterstützten den Lernprozess. Bei den Salzburger Studierenden blieben die gemachten Beobachtungen auf einer einfachen Vergleichsebene und führten zu keinem interkulturellen Erkenntniszuwachs, der sich möglicherweise durch das Aufgreifen bzw. Thematisieren von Konflikten oder „Dilemmata“, die teilweise auftraten, hätte ergeben können. Zum einen waren sie wohl zu wenig darauf vorbereitet, da die interkulturelle Sensibilisierung für sie nicht als Lernziel explizit gemacht worden war, zum anderen erschwerte aber auch die noch relativ geringe Sprachkompetenz der Studierenden aus Vic die Erkennbarkeit solcher Situationen. Anhand des Beispiels im Anhang wird z.B. ersichtlich, dass bei der Formulierung der katalanischen Studenten „Wir können diese Frage nicht antworten weil wir wissen nicht ob diese Kaffeesorten für euch ganz normal sind, also alltäglich“ Unsicherheit und Befremden bzgl. der Varianz der Kaffeesorten in Österreich nicht deutlich genug formuliert werden. Dabei kann man im Gespräch auf Katalanisch ersehen, dass dies der Fall war. Die Konsequenz ist, dass dieser Aspekt bei der Rückmeldung durch die Salzburger Studierenden nicht als Anlass zu einem interkulturellen Gespräch, sondern lediglich als Informationslücke gedeutet wird.

Bei unserem dritten Projekt wollten wir ganz besonders auf diese Aspekte achten.

3.2 Projekt 2004: Persönlicher und themenorientierter Austausch – Didaktisierung und Bearbeitung von Landeskundematerialien

3.2.1   Ablauf

In einer zweimonatigen Vorbereitungsphase wurden Gesamtrahmen, Ablauf und Zielsetzungen sehr detailliert festgelegt. Die deutlichen Veränderungen im Vergleich zum Projekt 2002 ergaben sich aus den bisherigen Erfahrungen sowie aus neueren Publikationen und eigenen neuen Ideen.

ProjektteilnehmerInnen sollten in Vic eine Gruppe des allgemeinen Sprachunterrichts auf der Niveaustufe A2 sein (8 Studierende) und in Salzburg wieder eine Gruppe von Studierenden, die eine Lehrveranstaltung zur Methodik des DaF-Unterrichts besuchten (32 TeilnehmerInnen, 6 davon kooperierten mit Spanien). Diesmal wurden auch weitere Studentengruppen aus Antwerpen (18 Studierende) und Vilnius (18 Studierende) einbezogen, deren sprachliches Niveau z.T. deutlich über dem der spanischen StudentInnen lag.[6] Über die Erfahrungen mit diesen Studierenden können wir hier aus Platzgründen jedoch nur am Rande eingehen. Interaktionen waren – aufgrund der beschränkten Projektlaufzeit – jeweils zwischen den Salzburger Studierenden und den NichtmuttersprachlerInnen geplant (entweder eins zu eins oder eine Salzburger Studierende kooperierte mit zwei NichtmuttersprachlerInnen), nicht jedoch zwischen den einzelnen NichtmuttersprachlerInnen. In Salzburg ergab sich damit erstmals die Situation, dass die gesamte Proseminargruppe am Projekt teilnahm, wodurch auch in der Präsenzveranstaltung besser auf Erfahrungen und auftretende Probleme eingegangen werden konnte.

Das gesamte Projekt wurde über die Lernplattform „Blackboard“ der Universität Salzburg abgewickelt. Damit waren die Bereitstellung der Projektbeschreibung bzw. der entwickelten Materialien und der Lösungen sowie der Mailversand über eine gemeinsame Plattform möglich. Die Mails konnten an Gruppen oder einzelne verschickt werden und waren ausschließlich von den jeweils gewählten Empfängern einsehbar.

Der Projektablauf war diesmal etwas umfangreicher und detaillierter:

0

Konzeption / Vorbereitungsphase (Januar bis März)

1

Getrennt: Vorlaufphase (04.03.-15.03.)

2

Sich vorstellen – einander kennen lernen (16.03.)

3

Mailaustausch über Privates und
allgemeine landeskundliche Themen (16.03.-24.03.)

4

Vereinbarung eines Themas (24.03.-30.03.)

5

Fotos zu diesem Thema auf die Lernplattform stellen und sich darüber austauschen (30.03.-18.04.)

6

Lesetexte und Aufgabenstellungen zu diesem Thema in Salzburg erstellen (19.04.)

7

Aufgabenstellungen in Vic bearbeiten (20.04.-29.04)

8

Phase der Korrektur / Rückmeldung / Diskussion (30.04.-06.05.)

9

Getrennt: Präsentation der Ergebnisse in der eigenen Lehrveranstaltung
(20.05. bzw.19.5.-9.6.)

10

Getrennt: Reflexion über die Projekterfahrung

Tabelle 2: Projektablauf 2004

 

In der Vorlaufphase (1) machten wir unsere Studierenden mit dem Konzept und dem geplanten Ablauf des Projektes bekannt. Dieses Wissen musste immer wieder aufgefrischt bzw. detailliert werden.[7] Außerdem hatten die Studierenden in dieser Phase im Präsenzunterricht die Aufgabe, ihrer Ländergruppe einen gemeinsamen Gruppennamen zu geben („Univic“ bzw. die ironische Bezeichnung „Mozartkugeln“ wurden hier als Gruppennamen gewählt) sowie Items für einen persönlichen Steckbrief festzulegen. Dies diente der Formierung als Gruppe und einer ersten (inter-)kulturellen Perspektivierung (Was und wie wollen wir über uns schreiben?). Zwar gab es in Vic auch Ängste vor dem Kontakt mit MuttersprachlerInnen, aber insgesamt stieg die Spannung.

In der zweiten Phase (Sich vorstellen – einander kennen lernen) wurden die Steckbriefe formuliert und mit einem Foto – das war den Studierenden besonders wichtig – auf die Lernplattform gestellt. Sie wurden sehr genau gelesen und boten die Grundlage für die Auswahl der MailpartnerInnen.

Danach war zwei Wochen Zeit für einen – nicht öffentlichen – Mailaustausch über Privates und allgemeine landeskundliche Themen (eine Liste mit thematischen Anregungen legten wir vor) (3). Damit sollten eine gewisse persönliche Beziehung aufgebaut und Interessen (und sprachliche Fähigkeiten) ausgelotet werden können. Die Häufigkeit des Mailaustausches war den Studierenden vorgeschrieben, damit keine unausgesprochenen, divergierenden Erwartungen entstünden. Trotzdem wurde diese Phase, was Umfang und Inhalt der Mails betrifft, sehr verschieden genutzt – zum Teil kamen intensiv sehr private Themen zur Sprache, zum Teil entstand ein eher distanziertes Verhältnis und ein eher schleppender Mailaustausch.

Am Ende dieses Austausches sollte gemeinsam ein Thema für das zu erstellende und zu bearbeitende Material vereinbart worden sein (4). Das sollte Interesse und (didaktische) Kompetenz bezüglich des Themas sichern. Hierfür gab es allerdings offenbar zu wenig Zeit und es kam zu Dissonanzen und damit zu Motivationsverlusten: die Studierenden in Vic fühlten sich nicht ausreichend eingebunden, die SalzburgerInnen entschieden z.T. alleine, wie das folgende Beispiel aus einem Abschlussbericht eines Studierenden aus Vic zeigt (alle Namen sind anonymisiert; Hervorhebungen MD/LK):

Das Projekt ist sehr gut verlaufen. Wir haben viel Spaß gehabt, aber wir sind nicht sehr verantwortlich gewesen. Erstlich waren wir sehr aufgeregt, weil wir andere Leute kennen lernen wollten, besonders als sie aus Österreich kamen. Ich musste mit meiner Partnerin, [Katharina], über Ostern reden, aber ich wollte ein anderes Thema besprechen. Irgendwie waren wir schließlich einverstanden und das Projekt ging weiter. Die Probleme begannen als wir die Übungen machen mussten. Es ist wahr, dass ich nicht sehr verantwortlich gewesen bin, aber ich denke, dass die Übungen haben die Kommunikation untergebrochen. [Marc/Vic]

 

Die Gruppen, die mit Vic zusammenarbeiteten, wählten die Themen „Studentenleben“, „Ostern“ und „Sport: Schifahren“. In Kooperation mit Vilnius und Antwerpen wurden auch komplexere Themen wie „Theater in Österreich“, „Wiener Kaffeehauskultur“, „Erich Kästners ’Kleiner Grenzverkehr’“ oder auch „(Keltische) Sagen im Vergleich“ gewählt.

Nach der Themenwahl erfolgte die erste Annäherung an das Thema über Bilder, und zwar gleichzeitig von beiden Seiten. Die Studierenden in Vic und Salzburg hatten die Aufgabe, zunächst unkommentiert Fotos mit Bezug zum gewählten Thema auf die Lernplattform zu stellen (5). Das sollte eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema, freie Assoziationen, Hypothesenbildung und einen interkulturellen Austausch befördern. Die Fotos sollten von den ProjektpartnerInnen kommentiert und dann ggf. diskutiert werden.

Beispiel:

Fotos von Annemarie/Salzburg:

                  

Kommentar von Sabina (Vic) und Antwort von Annemarie (Salzburg):

Hallo [Annemarie]!!
Deine Fotos sind sehr entzückend! Was macht ihr mit dem Osterneier? Ich weiß, dass die Deutschen ein Spiel machen. Hast du dieses Fotos gemacht? oder hast du in Internet gesucht? Ich habe Fotos in Internet gesucht, aber am Osternmontag, wenn ich den Osternkuchen essen werde, werde ich eine Fotos senden, ok?
Was macht ihr merh zu Ostern? Hier machen wir auch Prozession am Karfreitag. Wenn du in Valladolid warst, hast du eine angeschauen?
Bisd bald und liebe Grüße!
[Sabina]

Hallo [Sabina]!
Ja, ich kenne die Prozessionen in Spanien. Ich habe nicht nur eine, sondern alle gesehen bzw. passiv mitbekommen.
Mit den Eiern machen wir das "Eierbecken". 2 Personen haben jeweils ein hartgekochtes, buntgefärbtes Osterei und schlagen sie mit beiden Enden aneinander. Das härter Ei, das unbeschädigt bleibt hat dann gewonnen.
Die Fotos habe ich selber gemacht. Das eine ist der Osterstrauch von meiner Mama und die anderen beiden beinhalten den Osterhasen und ein Körbchen mit dem Osterlamm. Näheres gibt es dann in unseren privaten Mails, ok?

Liebe Grüße!
[Annemarie]

Die Bilder stellten einen hohen Motivationsfaktor v.a. bei den Salzburger Studierenden dar, z.T. war ein großes Kreativitätspotential zu erkennen. Allerdings führten technische Schwierigkeiten oder fehlende Fotos z.T. zu Enttäuschung. Fotos, die als zu wenig „kulturspezifisch“ empfunden wurden – z.B. von Studentenpartys – erzeugten Ratlosigkeit („Was sollen wir da schreiben, das ist ja wie bei uns“). Bei anderen Fotos wiederum wurden Klischees reproduziert.Wir griffen als Dozentinnen in dieser Phase nicht ein, erst bei der Präsentation der Ergebnisse wurde in Vic ansatzweise darüber diskutiert. Die StudentInnen verteidigten sich damit, dass sie in der Kürze der Zeit keine anderen vielfältigeren Bilder hätten zusammenstellen können – 2004 hatten nur wenige von ihnen Digitalkameras oder Handys mit Kamera.

Im nächsten Schritt waren die Salzburger Studierenden am Zug: Die Auswahl von Lesetexten zum vereinbarten Thema und die Didaktisierung (6) wurden von ihnen großteils während der Osterferien erledigt, zeitlicher Druck und Motivation waren gleichermaßen hoch. Der zuvor z.T. sehr rege geführte Mailaustausch brach in den Ferien bei einigen Tandems ab.

Die Bearbeitung der Aufgabenstellungen zu den Lesetexten (7) erfolgte in Vic überwiegend in Kleingruppen. Dabei traten unterschiedliche Arbeitsrhythmen als störend im Hinblick auf die Einhaltung der Projekttermine hervor, und von einigen TeilnehmerInnen wurden die Materialien bezüglich Umfang und Niveau z.T. kritisch gesehen („zu lang“, „zu schwer“ oder auch  „zu leicht“, „zu wenig kulturspezifisch“).

Die Tatsache, dass es in dieser knapp zweiwöchigen Phase wenig Kontakt zwischen Salzburg und Vic gab, verunsicherte wiederum die SalzburgerInnen vielfach. Eine fehlende Bestätigung, dass das Material angekommen sei, Schweigen auf die Frage, ob die Aufgabenstellungen klar seien oder wie weit man bei der Bearbeitung sei, wirkten sich extrem negativ auf die weitere Beziehung aus. Dies ist verständlich, waren es doch häufig die ersten selbst didaktisierten Materialien, wurde von uns in diesem Ausmaß jedoch nicht vorausgesehen. In Vic fiel es schwer, den StudentInnen die Wichtigkeit einer kurzen Rückmeldung bewusst zu machen. Die SpanierInnen wollten fertige Aufgabenstellungen einsenden und empfanden eine Kurzmeldung als ein Zeichen von Unfähigkeit, die Aufgabe in der vorgegebenen Zeit zu lösen. In dieser Phase wollten sie aber auch das Material nicht offen kritisieren. Diese Konflikte auf der Handlungsebene wurden leider nicht versprachlicht.

Parallel zur Bearbeitung (d.h. bei einer schrittweisen Bearbeitung) oder im Anschluss daran sollten Korrekturen bzw. Rückmeldungen von den Salzburger Studierenden gemacht werden. Teilweise wurde hier sehr sensibel agiert[8], teilweise traten aber auch bereits Ermüdungserscheinungen auf. Motivationsverlust in Salzburg, wenn die Aufgaben nicht vollständig und/oder zu spät gelöst worden waren, Enttäuschung in Vic, wenn die Rückmeldungen dazu zu spät oder zu spärlich ausfielen, waren zu beobachten. Einigen Salzburger Studierenden waren die Wichtigkeit dieser Phase und die Bedeutung der Rückmeldung auch für „späte“ oder gar „geringe“ Leistungen nur schwer zu vermitteln.

Präsentationen der Ergebnisse in den Lehrveranstaltungen (9): In Salzburg wurden sowohl die im E-Mail-Austausch gewonnenen landeskundlichen Informationen von den einzelnen „Ländergruppen“ präsentiert als auch die erarbeiteten Didaktisierungen bzw. der Projektverlauf. Die mit Vic kooperierenden Studierenden hatten (z.B. im Vergleich zu litauischen Gruppen) das Gefühl, „zu wenige“ Informationen erhalten zu haben. Das sprachliche Niveau wurde hier kaum in Rechnung gestellt, ebensowenig das unterschiedliche Ausgangswissen über die beiden Länder. Bei der Präsentation des eigenen Materials konnten die Didaktikstudierenden die Qualität des Materials und die Qualität der Bearbeitung kaum trennen – d.h. Material, das bearbeitet worden war, wurde als „gut“ eingestuft, solches das (teilweise) unbearbeitet geblieben war, hingegen als „wertlos“. Für didaktische „Novizinnen“ ist dies zwar verständlich, musste aber immer wieder thematisiert werden. Auch in Vic gab es Präsentationen der erhaltenen landeskundlichen Informationen, die je nach Erfolg in der Kooperation „stolz“ oder auch sehr routinemäßig verliefen. Dies war auch themenabhängig. Die Studierenden, die das Thema „Ostern“ bearbeiteten, haben z.B. gern ihre Fotos gezeigt und erläutert. Die Fotos waren Ausgangspunkt für Diskussionen über die Vorstellungen auch der anderen Studierenden davon, was charakteristisch für Ostern im eigenen Land sei. Die Themen „Schifahren“ und „Studentenleben“ ergaben keine weiteren Fragen.

Die Reflexion der StudentInnen über die Erfahrung im Projekt (10) erfolgte in Vic und Salzburg getrennt anhand von Fragebögen und schriftlichen Abschlussberichten. Die Fragebögen wurden statistisch ausgewertet (s.u.). Die Proseminararbeiten der SalzburgerInnen spiegelten insgesamt eine hohe Zufriedenheit mit dem Projekt, allerdings auch eine Polarisierung in als gelungen bzw. misslungen empfundene Projektverläufe. In Vic dominierten ebenfalls positive Rückmeldungen. Interessanterweise wurde hier der Mailaustausch bezüglich des Lerneffekts und der Motivation wesentlich wichtiger eingeschätzt als die Materialbearbeitungsphase.

3.2.2 Bewertung

Auch dieses Projekt wurde ausführlich evaluiert. Dazu dienten die Gespräche und Präsentationen in den Gruppen, der Mailaustausch zwischen den beiden Dozentinnen, die auf Blackboard sichtbaren Materialien (Bilder, Aufgabenstellungen, Lösungen) und Kommentare, die Proseminararbeiten, in denen z.T. aus dem Mailaustausch zitiert wurde, sowie eine umfangreiche Auswertung mittels Fragebogen, der z.T. gemeinsam mit den Salzburger Studierenden erarbeitet worden war (s.u., Kap. 3.2.3).

A. Rolle der Lehrenden

Auch in diesem Projekt kamen den Dozentinnen wichtige Funktionen zu: Die wiederholte Erläuterung und Präzisierung des Ablaufes, Beratung bei Erstellung und Bearbeitung der Materialien, Beratung und Motivation bei Kommunikationsproblemen und die Anleitung zur gezielten Reflexion der Abläufe und Ergebnisse des Projektes. Dort, wo Kommunikation vorübergehend unterbrochen war oder Aufgabenstellungen nicht zum vereinbarten Termin erledigt worden waren, wurde immer wieder die Dozentin vor Ort zu Rate gezogen, um in einem direkten Mailaustausch mit der anderen Dozentin nach den Ursachen zu forschen und sie möglichst rasch zu beseitigen. Die Tatsache, dass in beiden Gruppen zumindest phasenweise die Arbeit am Projekt im Mittelpunkt stand, ermöglichte es, einen Teil dieser Aufgaben im Rahmen der Präsenzphasen der Lehrveranstaltungen wahrzunehmen. Jedoch soll nicht verschwiegen werden, dass die Begleitung der Lernprozesse in großem Umfang auch individuell und außerhalb dieser Zeiten nötig war.

B. Nutzung von E-Mails als Interaktionskanal

Dem Mailkontakt war in diesem Projekt wesentlich mehr Aufmerksamkeit eingeräumt worden. Er wurde auch – v.a. zu Beginn des Projektes – von vielen intensiv genutzt. Die Projektevaluation zeigte deutlich die Wichtigkeit dieser Phase für die Zufriedenheit mit dem weiteren Projektverlauf.

Wenn sich aufgrund des Mailaustausches eine persönliche Beziehung zwischen den Studierenden etabliert hatte, so wurde von vielen der Mailaustausch auch in den Projektphasen, in denen wir ihn nicht mehr obligatorisch vorgesehen hatten, weiter erwartet. Kam einer der Projektpartner dieser stillschweigend etablierten Verpflichtung – etwa aufgrund einer nicht angekündigten Abwesenheit während der Osterferien oder auch aus anderen Gründen – (vorübergehend) nicht (mehr) nach, so führte dies zu Verunsicherung und Enttäuschung.

Von besonderer Bedeutung war der Mailkontakt für die Themenvereinbarung, die einen offenbar ebenso wichtigen (v.a. für die weitere Motivation) wie sensiblen Punkt im Projektablauf darstellte. Das teilweise Scheitern der Kommunikation in dieser Phase lässt sich anhand der Abschlussberichte, in denen oftmals aus den Mails zitiert wurde, auf verschiedene Faktoren zurückführen: ein zu seltener Mailkontakt in dieser Zeit, der von den ÖsterreicherInnen als Desinteresse interpretiert wurde, ein bereits vorab gefasster Themenwunsch auf österreichischer Seite und dem entsprechend ein mehr oder weniger dezenter Versuch einer „Lenkung“ der Willensbildung oder auch ganz einfach sprachliche Missverständnisse: Der Sprechakt des Vorschlagens bzw. das Reagieren auf Vorschläge ist stark kulturgebunden und in einer sozialen Beziehung, die noch sehr wenig definiert ist, entsprechend schwierig und anfällig für Missverständnisse (Wie klar muss/darf ich mein Anliegen oder meine Ablehnung formulieren, um nicht als unhöflich zu gelten?).

C. Interkulturelle Sensibilisierung

In diesem Projekt hatten wir stärker darauf geachtet, dass auch die österreichischen Studierenden landeskundliche Informationen von ihren ProjektpartnerInnen einholen sollten (v.a. im Mailaustausch und in der Bereitstellung und gegenseitigen Kommentierung von Fotos), die sie dann auch im Plenum zu präsentieren hatten. Bei einigen der Themen, die vereinbart wurden (z.B. „Schifahren in Österreich“) bzw. durch deren Aufbereitung ergaben sich nicht in allen Gruppen ausreichende Anknüpfungspunkte an „kulturgebundene Inhalte“. Die Kommunikation an sich jedoch bot immer wieder Anlass, über kulturgebundene Sichtweisen, Haltungen und Erwartungen zu reflektieren – angefangen mit der Wahl des Gruppennamens über die Konzeption des Steckbriefes und v.a. die Aushandlung eines Themas und die Diskussion der Fotos bis hin zur Reflexion von (unausgesprochenen) Erwartungen, die das Kommunikationsverhalten und die Wahrnehmung des anderen beeinflussten.

Gerade in der Zeit, wo man in Vic an den Materialien von den österreichischen Studierenden gearbeitet hat, traten gruppendynamische Probleme auf. Sie waren allerdings auf außerunterrichtliche Faktoren zurückzuführen, die nichts mit dem Projekt zu tun hatten, wie die Dozentin erst im nachhinein erfuhr. In vielfacher und äußerst komplexer Weise überlagern sich hier individuelle, interkulturelle, rollenspezifische und medienspezifische Prozesse und Besonderheiten, die in diesem doch kurzen Projekt nicht immer leicht ad hoc zu analysieren und zu bearbeiten waren. Es gibt aber eine positive Korrelation zwischen als gut verlaufend empfundener Mailinteraktion, Signifikanz des Themas für die Studierenden und medienspezifischer Aufbereitung desselben und Reichtum des interkulturellen Austauschs, wie aus den Abschlussberichten der Studierenden in Vic zu ersehen ist.

3.2.3 Fragebogenauswertung des Gesamtprojektes

Um die Reflexion des Projektes, an dem diesmal ja Studierende aus insgesamt vier Ländern beteiligt waren, nicht nur auf die Einschätzungen durch die Studierenden in Spanien und deren PartnerInnen in Österreich – und damit auf 14 bzw. 10 Personen – zu beschränken, sollen abschließend in einer ausschnitthaften Auswertung der Fragebögen auch die Rückmeldungen der anderen Studierenden einbezogen werden. Dies erhöht zum einen die Aussagekraft der Ergebnisse, zum anderen lässt es z.T. vorsichtige Rückschlüsse auf die Rolle der Sprachkenntnisse im Rahmen eines solchen Projektes zu. Bei der Auswertung konzentrieren wir uns v.a. auf Fragen bezüglich der Motivation bzw. deren Entwicklung.

Den Fragebogen haben insgesamt 52 der 76 teilnehmenden Studierenden ausgefüllt – bei den NichtmuttersprachlerInnen war der Rücklauf insgesamt etwas geringer, da der Versand des Fragebogens für sie bereits in ihre Prüfungszeit fiel:

Salzburger Studierende
in Kooperation mit Studierenden in …

Belgien

8 (von 10)

Litauen

13 (von 16)

Spanien

6 (von 6)

Studierende in Belgien

11 (von 18)

Studierende in Litauen

10 (von 18)

Studierende in Spanien

4 (von 8)

Tabelle 3: „Auswertung der Fragebögen“

 

Neben allgemeinen Fragen (Freiwilligkeit der Teilnahme, Zufriedenheit mit den Informationen über das Projekt, Motivation im Verlauf des Projektes) betrafen die Fragen die technische Ausstattung zu Hause und an der Universität, den Mail-Kontakt (Häufigkeit, Länge der Mails, ob Persönliches zur Sprache kam), die Sprache (Verständlichkeit, Umgang mit Nichtverstehen, Korrekturverhalten, Lerneffekt), landeskundliche Aspekte (Veränderung des Interesses, erbetene und erhaltene Informationen ...), die interkulturelle Kommunikation (Probleme, Problembearbeitung, Lerneffekt) sowie die Beurteilung der einzelnen Projektphasen (Zeitbedarf, Positives, Negatives). Aus dieser Vielfalt kann hier natürlich nur ein kleiner Ausschnitt wiedergegeben werden.

Die Motivation war zu Beginn des Projektes bei den meisten TeilnehmerInnen relativ hoch, im weiteren Verlauf war sie bei fast drei Viertel der Studierenden gleich bleibend, zunehmend oder bei einer kleinen Gruppe sogar stark zunehmend. Im Durchschnitt waren es v.a. die Studierenden aus Spanien und Litauen, die das Projekt besonders begeisterte, während die ÖsterreicherInnen eher gleichbleibend motiviert waren, diejenigen, die mit Spanien kooperierten, sogar eher abnehmend.

Als Grund dafür wurde von 18%[9] der gesamten Studierenden angegeben, der Mailpartner hätte nicht/zu wenig geschrieben. Demgegenüber traten “Zeitmangel” mit 10% und technische Gründe mit 7% deutlich in den Hintergrund. Im Gegenzug stieg die Motivation besonders dann, wenn man empfand „einen netten Mailpartner/eine nette Mailpartnerin“ zu haben (28%), 15% gaben an, dass die Motivation von Anfang an sehr hoch war. Das Thema spielte mit 2% hingegen nahezu keine Rolle.

Im folgenden Auszug aus einer Reflexion einer der österreichischen Studierenden wird deutlich, wie wichtig neben dem Faktor Zeit der Aufbau einer positiven persönlichen Beziehung für die gemeinsame Arbeit im Projekt ist:

An sich war es von Anfang an schwierig eine „e-mail-Partnerschaft“ aufzubauen. Da meine Projektpartnerin [in Vic] nicht sehr viel Zeit in dieses Projekt investierte […] konnte sich gar keine „Beziehung“ entwickeln. Ich hatte eher den Eindruck, dass es sie nach einiger Zeit gar nicht mehr interessierte am Projekt aktiv teilzunehmen. Für mich war dieser Zustand schwierig, da ich mich von ihr „hängen gelassen“ fühlte. Dies hinterlässt den Eindruck, als würde man alleine am Projekt arbeiten. [Rita/Salzburg]

 

In der Tat ist auch ein signifikanter bis höchst signifikanter Zusammenhang festzustellen zwischen dem Austausch persönlicher Informationen (das geschieht wohl nur mit jemandem, der einem sympathisch ist) und der Zufriedenheit mit dem Kommunikationsverlauf allgemein (mit einem Korrelationskoeffizienten nach Pearson von r = 0,682), der Häufigkeit der eigenen Mails (r = 0,553), der Länge der eigenen Mails (r = 0,479) und der Motivation im Verlauf des Projektes (r = 0,407).

Demgegenüber erstaunt es etwas, dass die Motivation nicht korreliert mit der Häufigkeit der eigenen Mails und noch weniger mit deren Länge. Das bedeutet, dass zum einen die Qualität des Austausches wesentlich wichtiger ist als die Quantität und dass ein als motivierend empfundener Mailaustausch nicht durch eine bestimmte Maildichte allein erreichbar ist (allerdings gibt es sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der eigenen Mails und dem Austausch persönlicher Information – d.h. wenn man sich etwas zu sagen hat, schreibt man in der Regel auch öfter).

Zwei Beispiele aus den schriftlichen Arbeiten sollen kurz belegen, wie kritisch der Mailkontakt im Hinblick auf seine Inhalte und v.a. die Symmetrie der Kommunikation gesehen wurde. Nur wenigen muttersprachlichen TeilnehmerInnen gelang es wie Tabea, der Tatsache der unvollständigen Beherrschung der Fremdsprache Rechnung zu tragen:

… dass es mich schon gestört hat, wenn ich Fragen formuliert habe und die dann von S. nicht beantwortet wurden. Denn […] [es ist] sehr mühsam, immer und immer wieder das Selbe zu fragen und keine Antwort darauf zu bekommen. Mühsam war es auch teilweise, wenn S. mich nichts gefragt hat. So habe ich einfach irgendetwas von Salzburg erzählt, da sie mir keinen Anhaltspunkt gab, was sie eventuell interessieren würde. [Annemarie/Salzburg]

Durch die zwar regelmäßigen, aber immer sehr kurzen Mails konnten wir keines dieser Themen tiefergehend besprechen. Oft hatte ich das Gefühl, dass A. zwar gerne mehr sagen würde, aber sprachlich nicht dazu imstande war. Manchmal wurden unsere Diskussionen mehr zu Monologen meinerseits. Meine Befürchtungen, ich könnte A. mit meinem „Redeschwall“ langweilen, stellten sich als unbegründet heraus. [Tabea/Salzburg]

 

Sprachliche Schwierigkeiten wurden insofern deutlich, als die TeilnehmerInnen aus Vic und auch ihre österreichischen MailpartnerInnen häufiger als diejenigen aus Antwerpen oder Vilnius angaben, die Mails nicht immer vollständig zu verstehen.

Ein interessantes Detail am Rande ist auch das unterschiedliche Zeitempfinden der NichtmuttersprachlerInnen im Hinblick auf den Mailaustausch. Während die Zeit für den Austausch nur von den SpanierInnen im Durchschnitt als „gerade richtig“ erachtet wurde (für die LitauerInnen war es etwas zu kurz, für die BelgierInnen hingegen viel  zu kurz), war die Zeit für die Themenvereinbarung für die LitauerInnen ausreichend, für die BelgierInnen und diesmal auch für die Studierenden aus Vic jedoch zu kurz. Daraus könnte man vorsichtig schließen, dass bei geringeren Sprachkenntnissen die Länge des Mailaustausches nicht so entscheidend ist, da die Menge der sprachlich bearbeitbaren Themen ohnehin begrenzt ist, dass jedoch der schwierige Prozess der Themenvereinbarung bei geringerer Sprachbeherrschung nicht nur besonderer Aufmerksamkeit, sondern auch einer längeren Zeitspanne bedarf. Auch wenn das Thema an sich eine untergeordnete Rolle für die Arbeit im Projekt spielt, wirkt sich eine Dissonanz in der Phase der Themenvereinbarung nach den Berichten der Studierenden eindeutig negativ auf die weitere Zusammenarbeit aus.

 

4. Schlussbemerkungen

Abschließend möchten wir zu unseren Ausgangsüberlegungen zurückkommen und sie auf der Grundlage der vorgestellten Daten kommentieren:

1.       Der Austausch zwischen MuttersprachlerInnen und NichtmuttersprachlerInnen per E-Mail erm öglicht den Gebrauch der Fremdsprache in realen Kommunikations­situationen.

 

Diese Hypothese ist zutreffend, bedarf jedoch noch einer näheren Differenzierung. „Real“ ist die Kommunikationssituation insofern, als ihre Dynamik nicht bzw. nur in Bezug auf den institutionellen Rahmen und die entsprechenden Vorgaben (z.B. die Vorgabe eines wöchentlichen Mindestmaßes an Austausch) von den Lehrenden vorausgeplant werden kann. Überall dort, wo sich im Rahmen dieser Situation Kommunikation um ihrer selbst willen entwickelt, d.h. wo persönliches Interesse aneinander bzw. an den Themen entsteht, und die Lernenden zu einem Austausch führt, den sie nicht nur im Hinblick auf die Erfüllung der institutionellen Vorgaben aufrecht erhalten, entsteht „reale“ Kommunikation. Solche Entwicklungen konnten – getrieben durch die Neugier der Studierenden aufeinander, unterstützt durch Fotos etc. – erfreulich oft beobachtet werden.

Vermehrter Aufmerksamkeit bedürfte die Frage, wie mit der Klärung von Missverständnissen und Kommunikationsproblemen umgegangen wird, die in der digitalen Kommunikation leicht(er) auftreten. Die potentielle Imagebedrohung dieser Sprachhandlungen ist zum einen durch die zeitliche und räumliche Distanz, zum anderen aber auch durch die noch nicht gefestigte persönliche Beziehung gravierender. Beziehungsherstellung bedarf einer gewissen Zeit bzw. Intensität der Begegnung und es darf nicht übersehen werden, dass sich die Kulturen auch hier in ihren Vorstellungen unterscheiden. Bei einem auf zwei Monate angelegten Projekt ist die Zeit dafür u.U. deutlich zu kurz. Wenn allerdings auf der Beziehungsebene keine Konflikte auftreten und deshalb die Kommunikation von den Kommunikationspartnern als fließend und befriedigend empfunden wird, bietet das Medium E-Mail hervorragende Möglichkeiten.

Die Erwartungen an das Projekt sind erfüllt gewesen. Wir konnten andere Leute kennen lernen, irgendwas über sie und über Österreich lernen, auf Deutsch mit ihnen sprechen ... ich freue mich, dass [Annemarie] meine E-Mails und meine Übungen versteht hat und auch freue ich mich, dass ich mit ihr Freundschaft geschlossen habe. [Sabina]

 

Zu untersuchen wäre auch, inwiefern eine sprachliche Korrektur, wie sie beim Tandemlernen gemacht wird, nützlich wäre. In ihren Berichten weisen die Studierenden darauf hin, dass sie diese Möglichkeit z.T. angeboten haben, teilweise wurde es als der sozialen Beziehung in der Mailphase nicht entsprechend abgelehnt, da es zu sehr ein Lehrer-Lerner-Verhältnis etabliert bzw. die Kommunikationsbereitschaft eingeschränkt hätte. Auch wurde darauf hingewiesen, dass schriftliche Korrekturen zeitaufwändiger und wohl auch gesichtsbedrohender sind als Korrekturen in der mündlichen Interaktion.

Auch der Rolle des Schweigens im Mailverkehr und seiner Auswirkungen auf die sozialen Beziehungen wäre gesondert nachzugehen. Hierzu schreibt eine Studentin aus Vic in ihrem Abschlussbericht:

Es passierte auch etwas Lustiges. Einmal haben wir eine E-Mail an [Sibylle] geschickt, aber sie bekam es nicht. Dann dachte sie, wir wollten ihr nicht mehr schreiben. Zum Glück hat sie noch eine E-Mail geschrieben und dieses Missverständnis bemerkte und danach war alles klar.

 

Schließlich sollte die Rolle des Sprachniveaus der DaF-Lernenden noch stärker berücksichtigt werden, wenn der Mailaustausch über eine reine Informationsweitergabe hinausgehen und auch zur Beziehungsherstellung und -klärung bzw. zur interkulturellen Sensibilisierung beitragen soll.

Und in engem Zusammenhang damit steht die Rolle der projektbegleitenden Dozentinnen. Wir sind nach unserer Erfahrung im zweiten Projekt davon ausgegangen, dass es wichtig sei, in der Phase des Mailaustausches nicht einzugreifen, um die Prozesse der Beziehungsherstellung nicht zu stören. Wichtig ist es aber offenbar, dass die Lehrenden jederzeit für ihre KursteilnehmerInnen als Coach agieren und, beratend, klärend und motivierend tätig werden.

2.       Die Arbeit mit kulturtragenden Texten und Bildern und deren Interpretationen durch NichtmuttersprachlerInnen und MuttersprachlerInnen erm öglicht eine Verviel­fältigung von Perspektiven, die dem interkulturellen Lernen zugute kommt.

 

Diese Vervielfältigung wird sich vor allem dann ergeben, wenn mehrere TeilnehmerInnen bzw. Gruppen am gleichen Thema oder Text arbeiten und sich über ihre Interpretation auseinandersetzen. Gewinnbringend sind auch die Gespräche über die eigene Kultur, wenn man z.B. ein repräsentatives Foto aussuchen muss. Effekte sind also sowohl in der digitalen Interaktion als auch in den Präsenzeinheiten festzustellen. Offensichtliche Differenzen regen hier mehr zum Gespräch an als (scheinbare) Übereinstimmungen, bei denen erst durch eine weitere Diskussion zu erforschen ist, wie weit die Gleichheit trägt und wo trotz gleicher Erscheinung an der Oberfläche Unterschiede vorliegen.

Insgesamt scheint diese Aufgabenstellung sehr anregend zu sein, allerdings bedarf es teilweise auch besonderen Trainings, um den Blick zu schärfen und Fragen entwickeln zu können. Eine dem Austausch vorangestellte Trainingsphase in den beiden Präsenzgruppen wäre sicherlich gewinnbringend, um die Wachsamkeit für kulturelle Referenzen in Texten zu fördern.

3.       Die Auswahl der zu bearbeitenden Themen durch die Deutschlernenden erh öht deren Motivation und kann die Bereitschaft zur Verantwortlichkeit für den eigenen Lernprozess stärken.

 

Diese Überlegung scheint sich ebenfalls zu bestätigen. Die Studierenden aus Vic, die ausreichend in die Themenfestlegung einbezogen wurden, engagierten sich auch mehr bei der Bearbeitung der Materialien. Dies deckt sich mit den im Abschnitt 1.1 aufgestellten Behauptungen bzgl. der Wichtigkeit der Signifikanz von computergestützten Aufgaben für die Lernenden. Allerdings muss man mit Schlussfolgerungen hier vorsichtig sein, weil der Einbezug in die Themenfestlegung in unseren Projekten bereits eine funktionierende Kommunikation und eine positive Arbeitshaltung signalisiert, die ihrerseits auch allein für eine gründliche Bearbeitung verantwortlich sein können.

4.       Die Auswahl und Didaktisierung von Texten und Bildern f ür eine konkrete Zielgruppe fördert die Motivation der DaF-Didaktikstudierenden und erleichtert die Beurteilung der Angemessenheit der vorgelegten Texte und Übungen.

 

Diese Hypothese hat sich in ihrem ersten Teil sehr unmittelbar bestätigt. Allerdings auch in umgekehrter Hinsicht: Wenn der Mail-Austausch und v.a. die Bearbeitung des Materials nicht ideal verlaufen sind (mit Verzögerungen, unvollständig oder gar nicht), war die Frustration deutlich höher als bei einem Didaktisierungsvorschlag, der nur für eine fiktive Gruppe erstellt und daher auch nicht bearbeitet wurde.

Die Angemessenheit der vorgelegten Texte, Übungen und Aufgaben konnte aufgrund der (Nicht-)Bearbeitung nicht immer beurteilt werden, sei es, dass aus Lücken in der Bearbeitung falsche Schlüsse gezogen wurden, sei es, dass die Bearbeitung des Materials zu einer allzu euphorischen Selbsteinschätzung führten.

Die Tatsache, dass die Didaktikstudierenden oftmals noch keine „ausgereiften“ Didaktisierungen vorlegen können, als Lehrende also auch noch Lernende sind, macht es notwendig, dass auch Rückmeldungen zu den Materialien angeregt bzw. eingefordert und in einer geeigneten Form gegeben werden. Dafür ist nicht nur Zeit einzuplanen, sondern auch eine individuell und interkulturell akzeptable Form zu finden. Auch hier ist interkulturell sensibel vorzugehen, da sich verschiedene Prozesse, Motivationen und institutionelle Bedingungen überlagern können: mögliche Entwertung der Materialien (und damit eine nicht ganz ernsthafte Haltung bei deren Bearbeitung) durch die Betonung des Noch-nicht-ganz-Professionellen, Subjektivität des Eindruckes vom Material, die zu einer Über-, aber auch Unterbewertung der erhaltenen Rückmeldungen führen kann, sprachliche Schwierigkeiten, Solidarisierung unter den Studierenden oder Höflichkeit, die bewirken, dass auch konstruktive Kritik nicht geäußert wird, etc.

Insgesamt können wir festhalten, dass der organisatorische und zeitliche Aufwand von bi-/ und multilateralen E-Mail-Projekten für alle Beteiligten relativ hoch ist, denn auch in den Präsenzphasen bzw. in den Gruppen und individuell vor Ort müssen die ablaufenden Prozesse ständig aufmerksam und einfühlsam begleitet und reflektiert werden. Gelingt die Kommunikation zwischen den TeilnehmerInnen jedoch (d.h. findet sie entweder konfliktfrei statt oder können auftretende Konflikte und Missverständnisse zur beiderseitigen Zufriedenheit bearbeitet werden) und werden die gestellten Aufgaben „gelöst“ und diskutiert, so ist dieser Aufwand aber durch einen hohen Lernerfolg und v.a. eine große Eindrücklichkeit des Lernweges gerechtfertigt.

 

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Biographische Angabe

Dr. Monika Dannerer, Assistentin am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg. Forschungsschwerpunkte: Methodik Deutsch als Fremdsprache, Gesprächsforschung, Textlinguistik, Mündlichkeit/Schriftlichkeit, Spracherwerb, Unternehmenskommunikation. Neuere Veröffentlichungen:

Keine Emotionen in der Firma? Neue Herausforderungen für die Vermittlung innerbetrieblicher Kommunikationsformen. In: Krumm, Hans-Jürgen /Portmann-Tselikas, Paul R. (Hg) (2002): Theorie und Praxis Jahrbuch. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache. Innsbruck: Studienverlag. 279-292.

Können Kinder keinen Konjunktiv? Eine empirische Untersuchung mündlicher und schriftlicher Erzählungen. In: ide. Informationen zur Deutschdidaktik. Zeitschrift für den Deutschunterricht in Wissenschaft und Schule. 28. Jahrgang, Heft 4/2004, 29-40.

 

Dr. Lucrecia Keim, Privatdozentin an der Fakultät für Übersetzung und Dolmetschen der “Universitat de Vic” (Spanien). Forschungsschwerpunkte: Lehren und Lernen von Fremdsprachen (mit den Schwerpunkten DaF und Fremdsprachen für Übersetzer), Didaktik der interkulturellen Kompetenz und reflexive Praxis im Bereich der Weiterbildung von Fremdsprachenlehrern. Neuere Veröffentlichungen:

Übersetzung im DaF-Unterricht. In: InfoDaF. 4/2003, 383-394

Interkulturalität und Interaktion im FSU mit Übersetzungsstudierenden. In: Fleischmann, Eberhard u.a. (Hrsg.) (2004): Translationskompetenz. Tübingen: Stauffenburg 2004, 609-622

El uso del correo y de las plataformas para la interacción intercultural en la clase de alemán como lengua extranjera. In: Cánovas, Marcos/ González-Davies, María/Keim, Lucrecia (Eds.)(2006): Acortar distancias: las TIC en la clase de traducción y de lenguas extranjeras. Barcelona: Octaedro E-Books, 124-137

 

Anhang

Projekt 2002: Aufgabenstellung Salzburg

Unter folgender Internetadresse findest du einen Text über Mozart und Salzburg. Lies ihn und bearbeite die folgenden Aufgaben.

http://www.tages-anzeiger.ch/archiv/97august/970808/203616.HTM

(Info: 1 Euro = 13,7603 Österreichische Schillinge)

(...)

5.a.Im letzten Absatz kommen einige Kaffeesorten vor. Welche gibt es noch? Beschreibe sie! Einige von ihnen haben auch noch eine andere Bedeutung. Welche? Fülle die Tabelle aus wie im Beipiel vorgegeben. Die unten stehende Internetadresse ist dir sicherlich behilflich! Die Internetseit bezieht sich zwar auf Kaffeehäuser in Wien, die Kaffeesorten gelten aber für ganz Österreich.

Name

Beschreibung

Andere Bedeutungen

Fiaker

Staubzucker und Kirschwasser erhitzt, doppelter Espresso mit viel Schlagobers (Schlagsahne), eine Kirsche obenauf.

Kutscher, Kutsche

Einspänner

 

 

Melange

 

 

Mokka/Schwarzer

 

 

Verlängerter

 

 

Großer Brauer

 

 

Kleiner Brauner

 

 

http://www.vienna.cc/dkaffeeh.htm

5.b.Gibt es die oben genannten Kaffeesorten auch in Katalonien? Wie heißen Sie dort? Gibt es Kaffeesorten in Katalonien bzw. Spanien, die nicht auf der Liste stehen?

6. Auf der folgenden Internetseite findest du ein Beispiel eines Kaffeehauses in Wien. Was sagt dir der Text über die österreichische Kaffeehauskultur? Gibt es ähnliches in Spanien?

http://www.kaffeezentrale.ch/d/kaffeehaus/detail.cfm?ID=DD44E280-7591-4B3C-B33938F6DB04AC75

 

 

Transkription der Interaktion im Unterricht in Vic

St1:  és que amb les respostes de la sis hi ha moltes coses que podem dir però que seran deduccions que tant poden ser certes com no perquè d’aquí se suposa que has d’extreure el que representa un establiment d’aquests per als austriacs, oi?

L:     mhm richtig

St1: bueno doncs hi ha coses que si que les veiem obvies però hi ha altres que les direm i serà molt més

St2: que les hem deduit

St1: clar

L:     sie werden schon reagieren sie werden schon reagieren und euch sagen ja du hast recht oder nicht und das kann man auch so sehen ja? das ist ein bisschen so der Sinn der Sache ja?

St1: mhm

L:     dass da wirklich eine Möglichkeit ist mit jemand der in diesem Land lebt in einen Dialog zu treten ja? weil Kultur ist nicht etwas Festes und Eingepacktes ja? und das ist ein bisschen die Idee auch ja? ihr schreibt wie ihr das seht und die werden dann schon reagieren ja?

St2: aquesta relació de cafés per ells és com els d’aquí que són el tallat

L:     mhm richtig

St2: siii?

L:     ja ja

St2:  és el normal ?

L:     ja du gehst ins Café und sagst ich möchte einen Mokka haben oder ich möchte einen Verlängerten oder ich möchte einen Einspänner

St2:  ah jo es que em pensava que era dir café tallat

St1:  clar es que és això el que hem de dir el que hem de dir

L:     aber das wäre aber das wäre zum Beispiel interessant für sie

St1: clar

L:     ihr könntet zum Beispiel in einer Mail schreiben o.k. wir haben die Aufgabe gemacht aber wir verstehn noch nicht mmm was das ist, wie ist das, du gehst in ein Café und sagst ich will einen Einspänner? das kannst du fragen und gucken was sie sagen

St1:  és que aquí és diferent és totalment diferent les modalitats de café hi ha altres modalitats

L:     mhm

St1: aquí hi ha tres coses bàsiques i d’aquí no es belluguen

L:     mhm

St1: normalment

L:     ne, zum Beispiel sie fragen euch das . Stehen /gibts in Spanien

St2: mhm

L:     das wäre ein guter Kommentar zu sagen o.k. diese Aufgabe haben wir so gemacht wie ihr gesagt habt aber für uns war das sehr komisch

St1: val

L:     weil wir sehen das anders mhm? so dass ihr ein bisschen in Dialog tretet mit ihnen ja?

St1: d’acord val

St2:  a veure

 

 

Aufgabenlösung Vic

Antwort auf Frage 5a:

Name

Beschreibung

Andere Bedeutungen

Fiaker

Staubzucker und Kirschwasser erhitzt, doppelter Espresso mit viel Schlagobers (Schlagsahne), eine Kirsche obenauf.

Kutscher, Kutsche

Einspänner

Ein Doppelter Mokka mit viel Schlagobers.

Ein-Pferd Wagen

Melange

Bohnenkaffee mit aufgeschäumter/

Gequirlter Milch und Schokoladeflocken.

 

Mokka/Schwarzer

Kleiner bzw. großer Mokka. Bohnenkaffee mit feinporiger Creme ohne Milch.

Katholik oder Konservativer.

Verlängerter

Mokka mit viel Wasser.

 

Großer Brauner

???

 

Kleiner Brauner

Doppelte Portion Bohnenkaffee mit Kaffeeobers serviert. Sattes Braun.

 

Doppelmokka oder Mokka gespritzt

Mokka mit Weinbrand.

 

Türkischer

Mokka passiert.

 

Kapuziner

Brauner mit wenig Milch.

 

(…)

 

 

http://www.vienna.cc/dkaffeeh.htm

Antwort auf Frage5b:

Wir können diese Frage nicht antworten weil wir wissen nicht ob diese Kaffeesorten für euch ganz normal sind, also alltäglich. Trotzdem können wir euch erzählen, dass in Katalonien gibt es einige anderen Kaffeesorten die einfacher sind:

Spanisch

Katalanisch

Beschreibung

Solo

Cafè (sol)

Kleine Tasse Kaffee.

Cortado

Tallat

Ein ‚solo‘ mit wenig Milch
(¾ Kaffee + ¼ Milch)

Café con leche

Cafè amb llet

Große Tasse Kaffee mit Milch
(½  Kaffee + ½ Milch)

Carajillo

Cigaló

Ein ‚solo‘ mit Likör (Marie Brizard, Cognac, Anís del Mono, …)

Im Sommer gibt es Leute die mit Eis diese Getränke trinken. Es gibt auch fremde Spezialitäten: Capuccino, Irish Coffe, Swedisch… 

Antwort auf Frage 6:

Für uns, eure Idee von eine Kaffeehaus ist ganz unbekannt. Wenn wir in einer Kaffee gehen ist es nur um einige Freunde zu treffen und zu etwas trinken oder essen.

Wir glauben, dass eure Kaffeehauser sind vor 60 Jahren geboren. Für euch ein Künstlerkaffee bedeutet etwas Kulturelle, ein Ort wo man kann vielen anderen Aktivitäten machen: Musik hören, Ausstellungen besuchen, Referaten machen, lesen und so weiter.

      

 

Rückmeldung Salzburg

1. Toll, dass ihr noch weitere österreichische Kaffeesorten gefunden habt! Jene auf unserer Liste sind die alltäglichen Sorten.

Ein Einspänner ist auch noch ein einziges Wienerwürstel. Normalerweise gibt es die Wienerwürsel paarweise. Wienerwürstel heißen bei uns Frankfurterwürstel. Die Erklärung zu ‚großer Brauner’ findet ihr auf der Internetseite unter dem Begriff ‚Brauner’. Dies kann auch noch ein politische Bedeutung haben. Die Bezeichnung ‚Türkischer’ bezieht sich auf die Geschichte des Kaffees in Österreich. Die Türken haben den Kaffee nach Österreich gebracht. Ein ‚Kapuziner’ kann auch ein Mönch des Kapuzinerordens sein.

Versucht anhand der Beschreibung, die österreichischen Kaffeesorten den spanischen zuzuordnen (zum Beispiel: Was würdest du in Österreich bestellen, wenn du einen ‚café solo’ haben möchtest?)

2. Ihr habe recht, wenn ihr sagt, dass wir unter dem Begriff ‚Kaffeehaus’ etwas anderes verstehen als ihr in Spanien und habt das auch sehr gut beschrieben. Aber die Kaffeehäuser in Österreich sind sehr viel älter. Lest dazu den Anfang des Textes auf jener Homepage in der die Kaffeesorten beschrieben sind.

Liebe Grüße aus Österreich



[1] Wir wählen im folgenden Text die Kurzbezeichung „DaF-Didaktikstudierende“, obwohl es sich nicht um DaF-Studierende im eigentlichen Sinne handelt, da es an der Universität Salzburg bislang keinen eigenen DaF-Studiengang gibt. Die TeilnehmerInnen des Proseminars „Methodik des DaF-Unterrichts“, die überwiegend aus den Studienrichtungen Germanistik, Anglistik und Romanistik kommen, hatten zumeist das Ziel, ein Wahlfachbündel zu absolvieren, das eine Basisqualifikation im Fach DaF bieten soll, die eben auch methodisch-didaktische Kompetenzen einschließt.

[2] Diese Projekte waren an der Universität Vic am Forschungsprojekt der Forschungsgruppe “Aprenentatge collaboratiu de la traducció i de les llengües estrangeres” Didaktik der interkulturellen Sensibilisierung im Übersetzungs- und Fremdsprachenunterricht mit Hilfe der neuen Technologien (2000-2004) gekoppelt. Das Projekt wurde in Spanien von der Universität Vic und der katalanischen Regierung (DURSI MQD 3275/21 und MQD200300062) gefördert. 

[3] Allerdings verweist Hess (2006: 319ff.) darauf, dass eine “Entgrenzung der Lernsituation” von Lernern oft nicht angenommen wird bzw. dass im Hinblick auf die Effektivität des Computereinsatzes auch das sprachliche Niveau der LernerInnen berücksichtigt werden muss.

[4] Wir verstehen hier “Projekt” nicht im engen Sinne des Wortes, wie es im Kontext von “Projektlernen” üblicherweise gebraucht wird. In unserem Artikel beziehen wir uns auf die durch zwei unterschiedliche Lernergruppen in einer festgelegten Zeit mit einem vorher festgelegten Ziel gemeinsam durchgeführte Arbeit.

[5] In unserem Fall waren beide Perspektiven wichtig, denn die DaF-Didaktikstudierenden aus Salzburg sollten ja selbst Materialien entwickeln.

[6] An dieser Stelle sei Sonja Malzner, österr. Lektorin in Antwerpen, und Justina Nutautaite in Vilnius besonders gedankt für ihre Kooperationsbereitschaft, das Einbringen von Ideen und ihren Enthusiasmus bei der Durchführung des Projektes.

[7] Vgl. die in Kap. 1.1 erwähnte Forderung nach höherer Redundanz in der Aufgabenstellung. Konkret wurden die nächsten Schritte auf Blackboard als „wöchentliche Hausübung“ nochmals detaillierter erläutert, bei Bedarf wurde auch im Präsenzunterricht darauf eingegangen.

[8] Bei einer schrittweisen Bearbeitung des Materials wurde z.B. auch zwischen den Übungen Feedback gegeben („Gut gemacht! Du hast die Fehler, die ich gestern ausgebessert habe, heute schon beachtet.“ [Tabea/Salzburg]).

[9] Alle Prozentzahlen sind gerundet.