Neue Sprachen lehren und lernen: Fremdsprachenunterricht in der Weiterbildung. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE)

 

Jürgen Quetz und Gerhard von der Hand (Hrsg.)

 

Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2002,  235 S., ISBN 3-7639-1842-6, 18,90 Euro

 

 

Rezensiert von Anna Maria Weiss, Cambridge

 

 

Wer Fremdsprachen unterrichtet oder dies beabsichtigt, sollte sowohl Sprachlernmechanismen, als auch konkrete Lehrmethoden kennen. Das hier rezensierte Buch „Neue Sprachen lehren und lernen. Fremdsprachenunterricht in der Weiterbildung“ gibt einen guten Einblick in die zwei Felder. Darüber hinaus wird eine Übersicht über Variablen des fremdsprachlichen Unterrichts gegeben, mit denen Lehrpersonen regelmäßig konfrontiert werden: Institutionen, Lernziele, Zertifikate und Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten. Angestrebt wird ein allgemeiner Überblick bezüglich der oben genannten Aspekte für Fremdsprachenkurse in Deutschland. Dem Bereich Deutsch als Fremdsprache wird eine Sonderstellung eingeräumt.

In Kapitel 1 schreibt Gerhard von der Hand über Gründe, die Menschen zum Lernen einer Fremdsprache bewegen. Thematisiert werden auch die sich im Kontext der Fremdsprachenvermittlung z.T. dramatisch wandelnden Unterrichtsziele und damit verbundene Methoden und Kursstrukturen, insbesondere auch die aktuellen Bereiche „Selbstgesteuertes Lernen“ (S. 20) und der Einsatz neuer Medien für den Spracherwerb. Daran anknüpfend verweist der Autor auf die sich verändernde Rolle der KursleiterInnen und neue Zertifizierungen von Kursen.

Das von Jürgen Quetz erarbeitete Kapitel 2 fokussiert Lerninhalte und Lernziele. Nach einem Abriss curricularer Entwicklungen mit Blick auf unterschiedliche Typen von Curricula und Zielsetzungen innerhalb von Sprachkursen seit Mitte der 70er Jahre bis heute kommt er zu einem in diesen Kursen immer wichtiger werdenden Aspekt: der Landeskunde. Auch sie hat einen inhaltlichen Wandel erfahren und soll aus heutiger Sicht interkulturelle Perspektiven eröffnen. Damit geht ein Methodenwechsel und eine Umorientierung hinsichtlich der einzusetzenden Materialien einher, mit denen nicht mehr die einseitige Vermittlung landeskundlicher Fakten im Mittelpunkt steht. Daraus resultierende Implikationen für den Unterricht werden auf theoretischer und praktischer Ebene vorgestellt.

Claudia Riemer beschreibt nach dieser Annäherung an Rahmenbedingungen des Lernens und Lehrens einer Fremdsprache, wie Sprachen gelernt werden (Kapitel 3). Dieses Kapitel ist die theoretische Fundierung aller Reflexionen, die in dem vorgestellten Buch um das Lernen und Erwerben einer Fremdsprache kreisen. Es werden unterschiedliche Lerntheorien und Hypothesen zum Zweitspracherwerb vorgestellt, sowie ein Einblick in die individuellen Unterschiede unterschiedlicher LernerInnen gegeben. Affektive, soziale und kognitive Faktoren werden erklärt und als Fazit geschlossen, dass „Fremdsprachenlernen ein komplexer, dynamischer, sogleich sozialer und individueller Prozess ist. Konsequenzen aus dieser Auffassung für den Fremdsprachenunterricht zielen auf reflexiv Lehrende, die die spezifischen Bedingungen der Lernergruppe nach dem Postulat eines lernerorientierten Fremdsprachenunterrichts ernst nehmen“ (S. 81).

Dass Lernen auch ein sozialer Prozess ist, wird in dem eher praxisorientierten Kapitel 4 von Karin Kleppin hervorgehoben. Neue Forschungsergebnisse teilen Fremdsprachenlernprozesse grob in zwei Aktivitäten ein: eine individuell-kognitive und eine sozial-kommunikative. Kleppin beschreibt, wie durch bestimmtes Lehrerverhalten, förderliche Sozial- und Aufgabenformen und auch durch den Einsatz neuer Medien das Lernen in neue Bahnen gelenkt werden kann. Ziel ist es, ein gemeinsames Lernen zu ermöglichen und dabei individuelles keinesfalls einzuschränken, sondern zu begünstigen. Besonders hervorzuheben sind Ihre Ausführungen zum (e)Tandem (ab S. 99). Diese Lernform unterstützt selbständiges sowie gemeinsames Lernen mit und durch eine SprecherIn der Zielsprache. Tandem kann die Motivation und Neugierde für die neue Sprache und Kultur der/des jeweiligen Tandempartnerin/Tandempartners wecken und auch auf diese Weise den Sprachlernprozess positiv beeinflussen.

Eva Burwitz-Melzer und Jürgen Quetz beschreiben im 5. und umfangreichsten Kapitel konkrete Methoden für den Fremdsprachenunterricht mit Erwachsenen, warnen jedoch vor „Rezeptdenken“. Daher präsentieren sie auch keine fertigen Stundenentwürfe. Umfassende und hilfreiche Hinweise werden zur Stundenplanung sowie zu Übungen, Materialien und Aufgabenstellungen gegeben, die mit Methoden zur Entwicklung sprachlicher (Grund)Fertigkeiten und Tipps zur konkreten Umsetzung ergänzt werden. Dabei schaffen es die AutorInnen, in thematisch gegliederten Unterkapiteln sowohl allgemein-theoretische als auch praktische Hinweise zu geben, so dass eine große Leserschaft angesprochen werden kann. Viele Möglichkeiten des Medieneinsatzes und Hinweise zur Förderung der Lernerautonomie runden das Bild ab. Sehr benutzerfreundlich sind die zahlreichen aktuellen Literaturhinweise.

Im 6. Kapitel gibt Gerhard von der Hand einen kurzen Überblick über Sprachtests und Zertifikate allgemein. Als aktuelle Neuerung innerhalb der selbstevaluativen Tests werden DIALANG (diagnostic language testing) und das Europäische Sprachportfolio vorgestellt.

Informationen zur Aus- und Fortbildung von Lehrenden können im 7. und letzten Kapitel gefunden werden. Hier beschreibt Susanne Duxta Möglichkeiten, „wie einzelne Lehrende sich beruflich weiterentwickeln können, um Fremdsprache professionell zu unterrichten“ (S. 195). Recht innovativ sind die beschriebenen Ansätze und Hinweise zu Integration und Umgang mit Subjektiven Theorien, sowie die Aufforderung an Lehrende, selbst Initiativen zur Fortbildung ins Leben zu rufen.

Insgesamt eine gelungene Veröffentlichung, in der zahlreiche Grundlageninformationen und weiterführende Literaturhinweise zusammengestellt wurden. Es irritiert jedoch, dass das Buch mit Recht in der Vorbemerkung und im Vorwort, nicht aber im Titel, explizit als Einführung kategorisiert wird. Besonders geeignet ist es für StudienanfägerInnen und LeserInnen, die sich im Bereich Fremdsprachenvermittlung in der Erwachsenenbildung einarbeiten oder sich dazu informieren wollen. DozentInnen und LehrerInnen kann es z.B. durch die Ausführungen zu neuen Medien, selbstgesteuertem Lernen, interkultureller Kommunikationsfähigkeit und dem Aspekt des Lernens als sozialem Prozess neue Impulse geben. Die oft diskutierte „neue Rolle“ Lehrender wird Dank der Vielfalt der Blickwinkel in fast jedem Kapitel konkretisiert. Gut ist auch die Vernetzung der sieben Kapitel miteinander: gerade für eher fachfremde Interessierte des Fremdsprachenlehrens und -lernens wird die Materie recht transparent präsentiert.

Enttäuscht haben mich Internetadressen, die in manchen Kapiteln als weiterführende Quellen zu finden waren: viele sind leider jetzt schon nicht mehr existent.